Lisa Politt nimmt Rache
Neue Produktion von Herrchens Frauchen
weitere Rezension von "Rache"

Quelle: taz hamburg

„Rache" heißt die neue Produktion des hinlänglich bekannten Kabarett-Duos „Herrchens Frauchen". Seit ihrem Solo „Marika Rökk und ich- eine Zwangsvorstellung" ist Lisa Politt das erste Mal wieder allein auf der Bühne und zieht alle Register kabarettistischen Handwerks. Sie tut das nicht ohne Grund. Ihr Vorhaben in der heutigen Zeit ist aberwitzig und risikoreich, und sie erklärt es gleich am Anfang einem verdutzten männlichen Zuschauer in der ersten Reihe: „Wir Feministinnen haben ja immer gesagt, wenn wir uns Herrschaftsverhältnisse erklären wollen, müssen wir uns nur das Verhältnis zwischen Mann und Frau angucken. Also ich bin jetzt die Unterdrückte, wer sind Sie?!"

Auf dieser Ebene wird konsequent und furztrocken den ganzen Abend über eine linke Theorie durchdekliniert, ohne dass es die Mehrheit des Publikums merkt. Wirksam bleibt es dennoch. Das Gelächter gleicht oft mehr den Schmerzschreien des jäh Erkennenden als den Geräuschen, die man gemeinhin aus Bierzelten vernehmen kann- das Dargebotene ist zu wahr, um schön zu sein. Gnadenlos wird die Symptomatik herrschender Produktionsverhältnisse in ihren verschiedensten Erscheinungsformen vorgeführt: ob es nun die Sozialarbeiterin in der Rechten Szene ist, die erfreut konstatiert, dass „Laissez- Faire" zumindest im Umgang mit den Skins eine Nische gefunden hat oder ob sie den Männern rät, sich mittels phantasievoller Nutzung der Gentechnologie den entscheidenden Vorteil am Arbeitsmarkt durch einen dritten Arm zu sichern.

Dem Spott der Politt entgeht nichts, nicht einmal sie selbst. Ihre irrwitzige Gratwanderung mit dem Charme eines intellektuellen Rasiermessers bleibt dabei immer parteilich, verbissen wühlt sie sich durch den Wahnsinn der heutigen Zeit ; saukomisch für alle, die sich wie sie über die politischen Zustände unseres Landes aus Verzweiflung nur noch totlachen können. Anarchistisch genug, um nicht im Dogma stecken zu bleiben, bleibt bei ihr meist die weiterführende Frage als die abschließende Antwort Schlusspunkt einzelner Sequenzen. Erschreckend deutlich für viele im Saal daher ihre Darstellung einer Grünen, die stolz konstatiert, bei der fehlgeschlagenen Auseinandersetzung mit dem Nazivater doch wenigstens auf dem Balkan weitergekommen zu sein als er. Bitter.- Zum Schluss dann doch der Schrei nach Solidarität und Liebe, der klarmacht, wo bei dieser Frau der Motor sitzt.
Wer nach „Rache" auf den Geschmack gekommen ist, kann am 29. und 30. März mehr über das Wirken von Herrchens Frauchen erfahren. Dann präsentieren sie im Alma Hoppe das „Beste aus 17 Jahren".

Dirk Seifert

Noch bis zum 03.02. tägl. außer Mo. im „Schmidt", Tel. 31 77 88 99