Pressefoto von ONEJIRU
Nr. 1
|
„I’ll never be what you want me to be“ singt Onejiru auf einem Song ihres dubverliebten Debütalbums Prophets of Profit, dem ersten Projekt des neuen Labels Golden Delicious Music. Soviel ist klar: Onejiru bleibt sich
treu, weiß genau was sie will und wird nie sein oder tun, was irgendjemand
außer ihr selbst für richtig hält. Denn sie ist mindestens so einzigartig und
vielseitig wie ihre Musik. Das sieht man, merkt man, weiß man sofort. Vor allem
aber hört man es, weil die Stimme dieser Frau sogar noch schöner als ihr
Lächeln ist. Prophets of Profit wiederum ist in jeder Hinsicht so außergewöhnlich und
aufregend wie Onejiru, ein Rundumschlag durch große Zeitzeichen und großartige
Black Music-Stile. Und obwohl sich damit der Kreis schließt und das Wichtigste
gesagt ist, bedarf es einiger Erklärungen.
Onejiru
kann schon jetzt auf eine enorme und extraordinäre Karriere zurückblicken: In Kenia geboren, in Wanne-Eickel aufgewachsen,
fing sie als Sängerin und Tänzerin in einem Mädchenchor an und tourte
schließlich lange Zeit als Sängerin mit Helge Schneider und seinen Firefuckers.
Die „Rasta at heart“ ist auf Alben von Jan Delay, Patrice, der Sam Ragga Band
und dem Turtle Bay Country Club zu hören und hat darüber hinaus vor kurzem ihre
Interpretation von Dvoráks „Symphonie aus der neuen Welt“ für Matthias
Arfmanns Projekt Recomposed (Deutsche
Grammophon) gesungen. Onejiru, die Afrikanistik, Völkerkunde und Geographie
studiert, ist in einigen preisgekrönten Filmen und der Arte-Reportage
„Afrodeutsch“ zu sehen und gehört neben Mamadee und Meli zum Vorstand von
Sisters e.V., mit denen sie auch den Song „Sisters“ für das Brothers
Keepers-Projekt gesungen hat. Gefeierte Auftritte in Berlin, London, New York
oder Moskau runden das Bild ab. „Sie tobt über die Bühnen, singt, schreit,
haucht, röchelt und hinterlässt dabei, besonders wegen ihrer aufrührerischen Haltung,
nicht nur bei anderen Frauen einen nachhaltigen Eindruck“, schrieb der
sagenumwobene Laurence Emson einmal. „Ihre, mit englischen, deutschen und
Kiswahili Texten versehene Musik, ist ein Mosaik der klassischen Black Music
Spielarten, gepaart mit House, Afrobeat und Rock.“ Wer wegen dieser
Vorgeschichte irgendetwas von ihr erwartet – außer einer angenehmen Überraschung
– täuscht sich. Und wird sofort und bestmöglich enttäuscht.
Prophets
of Profit lässt sich zu
P.O.P. abkürzen. Da passt es, dass
dieses Album einen Großteil der modernen Populärkultur meistert. Dem
Produzenten und Musiker Matthias Arfmann gelingt eine Musik, die gleichzeitig
elektronisch und organisch klingt – voller Gitarren und Hörner, garniert mit
Querflöten, Keyboards und Percussion. Die Sounds bleiben auch beim Abrocken
immer soulful. Die Songs basieren auf warmen, dub- und reggaebeeinflussten Grooves,
zucken in Richtung Elektro-Funk, R’n’B und Afrika. Die Texte, die Onejiru mit
ihrer warmen, schönen Stimme vorträgt, handeln von Liebe und Verzweiflung,
Rache und Reichtum, falschen Propheten und miesen Profiten. Dass die Songs
trotzdem leicht wirken, ist ebenso Programm, wie dass sie Gehirn und Gesäß eher
befreien als beschweren. „Ich stehe auf Dynamik! Auf Entertainment!“, sagt
Onejiru, die alle Texte ihres Debütalbums verfasst und etliche der Songs
mitgeschrieben hat. „Meine Lieder sind oft über Jahre gewachsen, andere
wiederum genau im richtigen Moment im Studio entstanden. Viele meiner Freunde
schreiben drei Seiten lange Texte. Aber ich selbst will lieber einen kleinen
Nucleus schaffen. Mir gefallen die Bilder, die diese Lieder vermitteln.“ Es gelingt
ihr, mit wenigen Worten komplexe Bildwelten zu schaffen, die weit über den
vordergründigen Textinhalt hinauswirken. Man merkt schon, dass es dabei etwa um
die Entschuldung der so genannten Dritten Welt geht („Few Reasons“), um
merkwürdige Machtstrukturen („Most High“, „Prophets of Profit“), die
verzweifelten Versuche von „Live-Aid/8“ („Union“), einen sehr modernen, nur
leicht verklärten Kulturimperialismus („Stolen Culture“) oder ganz persönliche
Probleme („We carry on“, „Distance“).
Die
Tatsache, dass dabei immer ein paar entzündende Funken Wahrheit und Weisheit im Spiel sind, führt Onejiru direkt auf
die Philosophie der Kikuyu-Musik zurück, der sie nicht zuletzt auch mit den
Songs „Tujenge“, „Mtukufu“ oder „Mama“ ihren Tribut zollt. „Es geht immer
darum, etwas zu vermitteln“, erklärt sie. „In der musikalischen Tradition der
Kikuyu ist der Sänger der „Teacher“. Man kann auch den ganz normalen Alltag
besingen, aber es geht immer um eine Botschaft. Auch wenn die Leute diese
vielleicht nicht sofort mitbekommen. Das in meiner Musik hinzubekommen,
ist wohl die größte
Herausforderung“.
Die
zweitgrößte Herausforderung könnten
die Aufnahmen für ihr Video gewesen sein. „Für ‚Few Reasons’ hatte ich mir
diese absurde Anti-Britney-Choreographie ausgedacht“, lacht Onejiru. „Dann kam
die Idee mit diesem Radio dazu, das wir schon in Kenia bei den Dreharbeiten
dabei hatten. Als Helge das Ganze sah, hatte er die Idee dieser
Verfolgungsjagd. Das rundet das Video perfekt ab. So ist es! So bin ich!“ Dasmuss man gesehen haben, um es zu verstehen. So wie
man Onejiru hören muss, wenn man ihre Einzigartigkeit auch nur im Ansatz
begreifen will. Sie ist ganz bestimmt eine Prophetin, die ihren immateriellen
und immanenten Profit – ihre Texte, ihre Musik, ihre Stimme, ihren Geist – auf Prophets
of Profit mit uns teilt. So soll
es sein...
Dass Onejirus erster eigener
Longplayer auf dem frisch gegründeten Frankfurter Label Golden Delicious
Music erscheint,
darf man getrost als Verkettung glücklicher Umstände bezeichnen.
Peacelounge-Labelchef Christian Arndt hatte „Few Reasons“ für die Compilation
zum Berliner popdeurope-Festival lizensiert. Der Song hakte sich im Ohr fest, und
der erste Kontakt wurde ausgebaut. Jan Hagenkötter war von Onejirus Stimme
gleichfalls so beeindruckt, dass er sie kurzerhand verpflichtete, den Club-Hit
„Push Push“ von Rockers Hi-Fi für das zweite [re:jazz]-Album auf INFRACom! zu
interpretieren. Zu diesem Zeitpunkt war schon klar, dass für diese Musik eine
neue Plattform geschaffen werden musste. Mit Golden Delicious Music, kurz
„GDM“, haben Arndt & Hagenkötter diesen Spielraum für vielversprechende
Künstler verschiedenster Genres eröffnet. Für die A&R-Arbeit von GDM gibt
es nur ein Kriterium: Die Musik muss beiden Labelchefs gefallen, und diese
Hürde ist wirklich hoch genug...
|