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Hollow Skai
In a da da da vida
Dass er die Biografie über Rio Reiser geschrieben hat, macht ihn eigentlich schon sympathisch. Dass er mit Marlene Jaschke verheiratet ist, lässt stutzen. Dass Hollow Skai nun den zweiten Band seiner "haarsträubenden, heftigen und hinterhältigen Geschichten zu Pop-Songs" veröffentlicht hat, ist unterhaltsam.

Skai, ehemaliger Mitarbeiter des deutschen Rolling Stone und des Stern, plaudert über 250 Seiten von "In-a-da-da-da-vida 2" aus dem Nähkästchen der Popindustrie, über Musiker, Songs, Majors, KritikerInnen. (Fast) Kein Text ist über zwei Seiten lang, und daher eignet sich das Werk ohne weiteres für das gelegentliche Blättern und Schmöckern. Wissen muss man das alles nicht. Aber es schadet auch nicht. Kostproben? Z. B. zum Thema Zensur in der Musik-, Radio- und TV-Landschaft. So berichtet Skai über den grotesken Vorfall, dass 1999 britische Sender den Song "The Light comes from within" von der ein Jahr zuvor an Krebs gestorbenen Linda McCartney nicht spielen wollten, weil dort ein angeblich "obszönes Wort" (das berüchtigte "F-Wort") gebraucht wurde. Die zuständige Plattenfirma brachte es sogar fertig, auf das Cover der Platte einen Warnhinweis anzubringen, der Eltern vor diesen anzüglichen Passagen warnte. Ehemann und Witwer Paul McCartney reagierte mit flächendeckenden Anzeigen in Tageszeitungen, in denen er solche Zensurmaßnahmen brandmarkte.

Auch Patti Smith kann von derartigen Dingen berichten. Der New Yorker Radiosender WNEW-FM weigerte sich Ende 1976, die vereinbarte Übertragung eines Konzerts zu senden, da Patti Smith einige Wochen vorher in einem Interview das Wort "Fuck" gebraucht hatte. Und wer von Dieter Thomas Heck über Jahrzehnte mit grausamer Schlagermusik gequält wurde, der kann sich nur amüsieren, wenn er über Stefan Raab ("Wir kiffen") erfährt, wie dieser von Heck die "Goldene Stimmgabel" erhält und sich beim Vortragen des per Voll-Playback eingespielten Songs konsequent weigert, die Lippen zu bewegen. Der vom Leistungsprinzip durchwirkte CDU-Mann Heck reagierte sauer und weigerte sich, die Gage an Raab zu zahlen, da "die zu erbringende Leistung" bei seinem Auftritt "nicht zum Tragen" gekommen sei.

Hollow Skai weiß auch zu berichten, dass Demokratie auch vor einer Band wie Grateful Dead nicht halt macht. Unter deren Fans kursierten monatelang Unterschriftenlisten, mit denen sie die Band dazu bewegen wollten, endlich den Song "Cosmic Charlie" wieder live zu spielen. Leider vergisst Mister Skai völlig zu erwähnen, ob das Erfolg hatte. (Eine andere Fan-Initiative war auf jeden Fall erfolgreich. Der Song "Keep your day job" blieb auf Druck der arbeitsunwilligen Deadheads jahrelang aus dem Band-Repertoire verbannt. Anm. ak)

Auch dass es Grenzen des Katholizismus gibt, wo man sie nicht erwartet hätte, beruhigt ein wenig. Auf die Frage einer Zeitung, ob nicht auch er wie so viele andere Künstler (Bob Dylan, B.B. King, Sasha) in den letzten Jahren im Vatikan vor dem Papst auftreten wolle, antwortete das ehemalige DKP-Mitglied Dieter Bohlen: "Das muss nicht sein. Wenn er unser Konzert sehen will, soll er kommen. Wenn ich beten will, gehe ich ja auch in die Kirche." Ach, warum hat Bob das nicht gesagt?