MONSTER HAIE VOR DEM COUNTRY CLUB
Matthias Arfmann und das neue Album vom Turtle Bay Country Club
Universl Monstershark heißt das Album, das Matthias Arfmann als Turtle Bay Country Club dieser Tage veröffentlicht. Arfmann – Musik-Produzent für Künstler wie Jan Delay, den Absolute Beginners, Seeed, Patrice und diversen anderen – nimmt mit der neuen CD das Verhältnis von künstlerischem Prozess und dem Verkauf dieser Kunst in Form von Konzernen aufs Korn. Den Titel kann man aber auch gern als Umschreibung für den Neoliberalismus und seine wachsende Gleichschalterei und Kriegstreiberei nehmen.

Arfmann gehört zu den wenigen bekannten Produzenten, die es sich seit Jahren leisten können, ihre Musik weitgehend in eigener Regie herzustellen, ohne sich dabei von Plattenfirmen und Artdirektoren rein reden zu lassen. Völlig zu recht eilt ihm der Ruf voraus, Musiktrends nicht nur trüffelschweinmäßig aufzuspüren, sondern vor allem eigene Styles zu entwickeln. Dabei kommen dann Alben wie das von Jan Delay (Searching for the soul rebel) raus. Arfmann kann es sich also leisten, in seinem eigenen Studio mit diversen Künstlern seine Ideen umzusetzen und den Plattenfirmen dann ein fertiges Produkt auf den Tisch zu legen – so, wie es sich die KünstlerInnen vorstellen.

Seine eigene Sachen erscheinen seit Jahren unter dem Namen Turtle Bay Country Club und mit Universal Monstershark kommt nun das dritte Album. Allein die daran beteiligten Künstler sind eine interessante Mischung. Neben Jan Delay ist beispielsweise der Goldene-Zitronen-Frontmann und inzwischen zum begehrten Theater-Regisseur aufgestiegene Schorsch Kamerun mit dabei. Auch Katrin Aichinger, mit der Arfmann vor Jahren als Kastrierte Philosophen auf sich aufmerksam machte, ist zu hören. Gemeinsam mit Patrice singt die hoch gehandelte Onejiru ein Duett. Von ihr wird man in Zukunft sicher noch mehr zu erwarten haben, denn immerhin produziert Arfmann auch ihr kommendes erstes eigene Album. Aus Marokko stammt Mahmoud Gania, der in seiner Heimat Konzerte vor zigtausenden Fans spielt und auf Universal Monstershark mit dem Hajhouj zu hören ist, einem dreiseitigen Bass. Oder der Schlagzeuger Tony Cook, der in den 70er/80er Jahren in der Band von James Brown unterwegs war und bereits Anfang der 90er Jahre mit Arfmann ein gemeinsames Album produzierte.

Das das Album daher auch musikalisch ein breites Spektrum präsentiert und dennoch eine klare Handschrift zeigt, ist das Kunststück von Arfmann. Von Dub/Reggae-Tönen über Soul und House bis hin zu Elektro-Punk ist das ein weites und erlebnisreiches Feld.

Und inhaltlich wird immer wieder das Spannungsfeld zwischen künstlerischem Prozess und Musikindustrie aufgegriffen, z.B. wenn Jan Delay über Part of the Industry auf seine unnachahmliche Art näselt oder Tony Cook das business of music zum Thema macht.

Ob es eine hintergründige Absicht gibt, das Universal Monstershark ausgerechnet bei dem zum Universal-Imperium gehörenden Motor-Label erscheint, kann man getrost vermuten.

Nicht zuletzt auch, weil Universal-Chef Tim Renner auch in dem vermutlich im Herbst erscheinenden Film input/output dabei sein wird. Der Film vom Regisseur Jochen Krauss (Tanga Nonstopp) zeigt die Entstehung des neuen Turtle Bay Albums, zeigt die Begegnung der KünstlerInnen und wie sie mit ihren unterschiedlichen Hintergründen und Styles arbeiten und neues entwickeln. Und es geht um die eigenen Erfolgserwartungen der KünstlerInnen und die Anforderungen seitens der Musikkonzerne, für die stellvertretend ein Tim Renner zu Wort kommen wird. Könnte spannend werden.

DSe

Turtle Bay Country Club, Universal Monstershark, www.turtlebay.de

Quelle: ak - analyse & kritik, Zeitung für linke Debatte und Praxis